Der Fiebertraum des belgischen Goldesels

Kürzlich passierte ich eine Kneipe. Das geschieht nicht oft, denn meistens gehe ich hinein. Durch die offene Tür blies die Bude ihren lauwarmen Atem, schwanger von Duett 100 und umgekipptem Bier, in den frischen Morgen. Im Odor der Kneipe hingen zwei echte Originale in den Seilen, rauchend und durch die geäderten Alkiaugen versonnen in die trübe Welt glupschend. Einer sagte etwas: „Der Wille ist da, aber der Geist ist schwach.“ Mehr bekam ich nicht mit, ich war in Eile, ging weiter und mit mir der Gedanke ans Gehörte.

Der lies mich nicht los, dieser zufällige Salto Mortale im Gruppenvoltegieren mit Schopenhauer und Hegel auf dem dionysischen Dressurdackel. Der Geist ermächtigt den Willen, ohne Können gibt es nur Müssen. Eine bedrückende Erkenntnis, sagt aber auch einiges über Stuhlgang und die eigene Meinung: Wer nicht kann, der muss – trotzdem oder erst recht. Die geile Lokomotive Willi wird vom geistig schwächelnden Zugführer im quietschenden Gleisbett direkt in den kollektiven Schoß gerammelt und detoniert in 501 Goldtaler. Zuletzt so gesehen bei so einer Vorabendshow im Zweiten, wirklich. Das Fleisch, im Übrigen, ist stramm. Das bekommt der wilde Wille auch trotz Spiritus Interruptus auf die Kette und kriegt nicht mal rote Ohren, wenn Helga ihn abends mit dem Dacia abholen kommt, da bin ich mir sicher.

In der Bäckerei, die ich später betrete, verkaufen sie kein Brot sondern Cakes und Flat Whites. Das ist für mich sehr schwer zu verstehen, deshalb kicke ich wuchtig an die Theke und stampfe zornig aber schwach weil hungrig auf, ehe ich den Laden wieder verlasse. Weiter Richtung Rosenthaler, rechts, links, rechts, plötzlich ist es Nacht, ich sitze auf einem elektrischen Esel, in meiner Rechten halte ich ein halbleeres Fläschchen Bass & Co. Pale Ale. Die beiden Originale vom Morgen stehen neben mir, lachen fies und drohen an, solange neue Münzen in den Esel zu werfen, bis dass mein Fläschchen nicht geleert sei. Und beim Jupiler, ist dieses Bass eine klebrige Suppe! Der Wille als Vater eines Gedankens, mit dem der hässlichen Kinder Mutter in einer mit Mais und Zucker durchzechten Nacht befleckt wurde. Dem Gedanken, der ein hübsches Pale Ale werden sollte. Stramm in den Schoß, im süchtigen Ersehnen der 501 Goldtaler, die das Glückskind vom Schausaufen auf dem Getränkemarkt nach Hause bringen würde. Leider ist das Wesen vom schwächstem Geiste und hat zudem krumme Beine. Wer nicht kann, der muss vielleicht doch nicht, denke ich mir, lasse los und werde vom Esel geworfen. Mir wird schwarz vor Augen, ich befinde mich in endlosem freien Fall, ein Mann mit schiefem Blick sagt „Nous somme nos choix!“, worauf hin ich wähle, zum Pyraser Hopfenpflücker in meinem eigenen Bauch zu werden und selig entdämmere.

[text & foto: ps]

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